Die Lentinger Haus- und Hofnamen

Hausnamen waren früher im Dorfleben das alltägliche Verständigungsmittel zur Bezeichnung eines Hauses oder Bauernhofs und seiner Bewohner. Sie entstanden meist aus den Vornamen, Familiennamen oder Berufen eines Hausbesitzers, manchmal auch aus der Lage des Hofes. Erst ab 1808 wurden in Bayern erstmals Hausnummern für jedes Anwesen vergeben. Trotzdem benutzten die Dorfbewohner weiterhin die gewohnten Hausnamen zur einfachen Orientierung im Dorf. Mit der Einführung von Straßennamen – in Lenting 1957 – und mit der zunehmenden Einwohnerzahl verschwanden die Hausnamen in den letzten Jahrzehnten allmählich aus dem Dorfleben.

Ähnlich wie in anderen Dörfern, z.B. in Böhmfeld oder in Buxheim, hat 2018 der Geschichtskreis Lenting, insbesondere Rupert Kipfelsberger, die Anbringung von Tafeln mit den alten Haus- und Hofnamen an Lentinger Häusern organisiert, um an diese dörfliche Tradition zu erinnern. Hier ein Beispiel:

Nach Straßen eingeteilt, versuchen wir im Folgenden die Entstehung und Bedeutung der alten Lentinger Haus- und Hofnamen zu erklären. Es lassen sich allerdings nicht mehr alle Namen eindeutig klären. Bei manchen Anwesen gibt es aufgrund des Besitzerwechsels auch zwei Hausnamen


Hausnamen der Hofmark

Hofmark 1 – „Hofmark“ / "Maierwirt"  1905 kaufte der Ingolstädter Brauereibesitzer Josef Ponschab den gegenüber dem ehemaligen Hofmarkschloss gelegenen Haberbauernhof und gründete dort das „Gasthaus zur Hofmark“. Ab 1911 war es im Besitz von Anton Maier aus Hepberg, weshalb der Name Maierwirt entstand. 1979 erwarb die Brauerei Herrnbräu die Wirtschaft und baute den „Brauereigasthof Hofmark“ neu auf, wie wir ihn heute kennen.

Hofmark 2 - "Der Königmann"  Josef König  war bis etwa 1762 der Hausbesitzer.

Hofmark 4 – „Beim Löffler“.   1938 kaufte Lorenz Löffler das Haus.

Hofmark 5 – „Appel“ / „Beim Kiermeier“ 1899 erwarb Theres Appel das Anwesen. Ihre Tochter Maria heiratete 1934 Xaver Kiermeier. So kam es zu den beiden Hofnamen.
Hofmark 6 -  "Beim Wuschl" , Wohnhaus mit Scheune und Stall, Hausnummer 22 1/3 wurde 1865 von Sebastian Beck erbaut. Seit 1956 Bezeichnung Hofmark 6. Bis 1968 von Familie Beck bewohnt. 1968 verkauft und Anfang 1970 durch Neubau ersetzt.
       
Hofmark 7 – „Beim Geisler“   1905 kauften Stephan und Theres Geisler das Anwesen

Hofmark 8 -  „Hofmarksbäck“   Fast 200 Jahre lang, von 1705 bis um 1890, waren in diesem Haus gegenüber dem Schloss Bäcker tätig. Das Haus gehörte früher auch den Hofmarksherren.

Hofmark 9 – „Beim Sedlbauer“   Sedlhof nannte man früher einen herrschaftlichen Bauernhof. Dieser Hof gehörte also den Hofmarksadligen im Lentinger Wasserschloss gegenüber.

Hofmark 11 – „Beim Schneidermann“ / „Strupfersteg“   1752 heiratete der Schneider Johann Kümmerling hier ein. Bis 1797 waren Schneider auf dem Haus. Heute wohnt hier die Familie Strupf.

Hofmark 13 – „Beim Halbritter“   1908 erwarben Johann und Therese Halbritter das Haus.

Hofmark 14 – „Kellamo“  Auf dem Grundstück befand sich der ehemalige Weinkeller des Schlosses.

 

  Hausnamen in der Alten Landstraße

Alte Landstraße 1 – „Schmiedbauer“   Der Hofname kommt offensichtlich daher, weil der Hof direkt an der Schmiede (Landstraße 3) lag.

Alte Landstraße 3 – „Beim Schmied“   1612 ist der Schmied Hans Sauerwein auf dem Hof, das Schmiedehandwerk wurde dort bis Anfang der 1940er Jahre betrieben.

Alte Landstraße 5 – „Geslmaurer“   1835 übernahm der Maurer Friedrich Beringer das Gut.

Alte Landstraße 6 – „Beim Merkl Schmied“  1899 kaufte der Schmied Mathias Merkl das Anwesen und baute 1914 ein neues Wohnhaus mit Schmiedewerkstätte.

Alte Landstraße 7 – „Reischl Bäck“  1920 übernahm Bäckermeister Andreas Reischl das Haus. Er betrieb eine Bäckerei, baute 1937 einen Laden und verkaufte fortan auch Lebensmittel.

Alte Landstraße 8 – „Beim Schuller“  Ab 1903 befand sich der Hof im Besitz von Johann Bogner, dessen Mutter eine geborene Schuller war.

Alte Landstraße 10 – „Schneiderfranzl“  1816 erwarb der Schneidermeister Franz Bayer das Anwesen.

Alte Landstraße 12 – „Bredlweber“   Ob hier ein gelernter Weber lebte, ist nicht bekannt. 1727 übernahm der Zimmermann Niklas Pfaffl das Gut, das erklärt den 1. Teil des Namens Bredl. 1926 kaufte es der Reiswebersohn Josef Händl und eröffnete hier einen Kramerladen mit Kohlenhandlung. Seine Ehefrau Theresia war die Lentinger Hebamme.

Alte Landstraße 14 – „Beim Reisweber“   1783 kaufte der Weber Simon Mayer das 1/8-Gut. 1918 tauschte sein Urenkel Martin Händl mit dem Hof in der Bahnhofstraße 2 und nahm den Hofnamen sozusagen mit.

Alte Landstraße 16 - „Beim Metzger“  1911 erwarb der gelernte Metzger Johann Utz den 1/8-Hof. Er  betrieb die Landwirtschaft und machte nebenbei Hausschlachtungen.

Alte Landstraße 24 - "Wallmeisterhaus" (alte Hausnr. 72) Bis in die 1950er Jahre war das Haus im Besitz des Bay. Landesamtes für Vermögensverwaltung und Entschädigung, denn dort wohnten die staatlichen Wallmeister, die für die Verteidigungsbauten wie das Fort Orff in Hepberg zuständig waren. Um 1960 wurde das Haus von Zahnarzt Bernauer durch einen Neubau ersetzt.

  Hausnamen der Berggasse

Berggasse 1 – „Beim Metzger-Schermbach"   1803 erwarb der Melber und Metzger Johann Dollinger das Anwesen. 1839 übernimmt es der Metzger Josef Schmid und 1854 der Metzger Jakob Rusch.

Berggasse 2 – „Zum Schmie-Sepp“  1921 heiratet der Sohn vom Schmied Mathias Merkl, Josef (Sepp) Merkl, in das Anwesen ein.

Berggasse 3 – „Beim Webermax“ 1902 erwarb der Weber Markus (Max) Greis das Hofgut.

Berggasse 5 – „Beim Schäfer“ 1875 kaufen die Schäfers-Eheleute Josef und Theres Schmid den Hof.

Berggasse 16 – „Beim Schäffler“ 1877 übernahm Johann Zinn das Haus. Wahrscheinlich war er ein Sohn von „Binderbartl“ Bartholomäus Zinn, dessen Hof das Schäfflerrecht hatte.

Berggasse 24 - „Beim Tell“   Der Hausname kommt vom früheren Bewohner Theodor (Tell) Binder. Es ist auch das Geburtshaus vom „Tell-Franz“, dem Bürgermeister Franz Binder (Amtszeit 1956 – 1978).

   Hausnamen der Hirschbergstraße

Hirschbergstraße 2 – „Oberer Wirt“ / "Hartlwirt" / "Grabmeier"   Von 1654 bis 2010 gab es diese Dorfwirtschaft oberhalb vom Lukaswirt. Ab 1768 hieß sie im Dorf auch „Hartlwirt“ nach dem Wirt Leonhard (Hartl) Ortner und seit 1932 „Grabmeier“ nach dem Pächter Leonhard Grabmeier. Die Wirtschaft wurde 2010 geschlossen und 2011 abgerissen.

Hirscbergstraße 3 - "Dollinger-Hof"   1612 war ein Andreas Dollinger der Hofbesitzer.

Hirschbergstraße 5 – „Beim Melber“   Frühere Besitzer waren wohl Mehlhändler (Melber).

Hirschbergstraße 11 – „Beim Binderbartl“   1847 übernahm Bartholomäus (Bartl) Zinn das Gut mit dem Fassbinderrecht.

 

   Hausnamen der Pfarrgasse

Pfarrgasse 2 – „Beim Bäckerbauer“   1649 hat der Bäcker Kaspar Kolb den Hof gekauft.

Pfarrgasse 7 – „Beim Krausbauer“   Im 17. Jahrhundert waren Peter Kraus und danach sein Sohn Hans Kraus auf dem Hof. Obwohl seit 1745 die Zeller Hofbesitzer sind, blieb der alte Hofname bestehen.

Pfarrgasse 15 – „Beim Marxbauer“   1684 übernahm Markus Sohn den Bauernhof. Für den Vornamen Markus gab es im Volksmund die Abkürzungen Max oder Marx.

 

   Hausnamen in der Guttenbergerstraße

Guttenbergerstraße 1 - "Goslmann" / "Beim Besl"    Die Herkunft des ersten Hofnamens ist nicht bekannt. 1934 kaufte der Bäcker Sebastian Besl das Haus und eröffnete eine Bäckerei mit Lebensmittelgeschäft.

Guttenbergerstraße 2 – „Beim Unteren Wirt“ / "Lukaswirt"   Der Name kommt von der Lage unterhalb des „Oberen Wirts“. Der älteste in den Pfarrmatrikeln nachweisbare Wirt war Andreas Kramer 1566. Sein Epitaph am östlichen Ausgang der Pfarrkirche ist noch heute erhalten. Als nach vielen Besitzerwechseln 1905 Josef Lukas aus Stammham in die Wirtschaft einheiratete, nannte man sie dann „Lukaswirt“. Diese Dorfwirtschaft ist seit 2013 geschlossen.

Guttenbergerstraße 3 – „Beim Schmiedseesl“   1636 übernahm der Schmied Georg Hafner den Hof und im gleichen Jahr auch die „Schmiede“. Der Schmiedsessl ist also der Sedlhof für die Schmiede.

Guttenbergerstraße 4 – „Krämergütl“  „Beim Mittermüller“  1721 bis 1854 waren Krämer auf dem Hof, daher stammt der erste Hofname. Ab 1854 gehörte der Krämerladen der aus Nandlstadt zugezogenen Familie Mittermüller, so entstand der zweite Hausname. Der 1858 hier geborene Karl Mittermüller war 1906-1920 Pächter des Hofbräuhauses in München.

Guttenbergerstraße 8 – „Beim Reiterbauer“ Der Großbauernhof gegenüber der Kirche hieß ursprünglich „Reuterbauer“, was sich dann im Volksmund zu Reiterbauer verändert hat.

 Guttenbergerstraße 14 – „Beim Dengler“  1756 heiratet Hans Dengler in das Hofgut ein.

Guttenbergerstraße 16 – “Beim Schuster“   1898 erbte der Schuster Sebastian Sterler das Gut, er wurde auch „Goglschuster“ genannt, weil sein Vater vom Goglbauer stammte.

Guttenbergerstraße 18 – „Beim Wuni“  1919 kauften Wunibald  und Kreszenz Hierl den Hof.

Guttenbergerstraße 22 – „Beim Goglbauer“  Um 1750 lebte laut Häuserbuch des Eichstätter Bistumsarchivs ein Simon Gogl auf dem Bauernhof.

Guttenbergerstraße 26 - „Beim Schneider“ 1843 übernahm der Schneider Mathias Schab den Hof. 

    Hausnamen in weiteren Straßen

 Ingolstädter Straße 4 – „Beim Lentinger Boda“   Hier wohnten schon die Friseure = früher: Bader Schall und Grünewald. Seit drei Generationen führt die Familie Lenk das Friseurgeschäft.   

Ingolstädter Straße 5 – „Beim Wogna“   Seit 1913 gab es hier die Wagnerei Bieringer, die heute eine Schlosserei ist.

Ingolstädter Straße 6 – „Beim Valla“   1900 erwarb Valentin (Valla) Wittmann das Anwesen.

Ingolstädter Straße 7 – „Beim Schloßwirt“   Der Untere Wirt Josef Hilpoldsteiner kaufte um 1850 das ehemalige Hofmarkschloss. So entstand der Hofname „Schloßwirt“, weil Schloss und Unterer Wirt viele Jahre dieselben Besitzer hatten.

Nürnberger Straße 4 – „Beim Hafner“   Hier wohnte der Hafner und Fliesenleger Martin Binder.

Am Kalkbrenner 6 – „Graser“    Seit 1855 betrieb Josef Graser hier einen Kalkofen. Der letzte Kalkbrenner war um 1920 Andreas Binder.

Lentinger Mühle 1 – „Lentinger Mühle“   Dies war seit etwa 1400 die Dorfmühle von Lenting bis zur Einstellung des Mühlenbetriebs 1936 wegen Autobahnbau und damit verbundener Umleitung des Lentinger Bachs.

Lindenhof 1 – „Lindenhof“   1965 baute Martin Mirbeth diesen Aussiedlerhof bei den Linden am Mailinger Weg. Vorher besaß er den Dollerbauer-Hof.

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Zusammenstellung:, Rupert Kipfelsberger, Anton Müller, Leonhard Händl, Walter Baumgärtner

Quellen:  Hans Greis: Die Zeit vor Gestern. Eine Lentinger Nachlese, 1999.

Markus Bogner: Haus- und Hofchronik von Lenting. Aus den Briefprotokollen, Steuer- und Katasterbüchern von 1612 – 1960, Manuskript o.J.

Anton Rigler: Alte Lentinger Hausnummern, aufgeschrieben 1964 

Paul Meier: Handschriftliche Aufzeichnungen, 1972

Rupert Kipfelsberger: Mündliche Befragung der heutigen Hausbesitzer 2018